L P D – „Das Ergebnis war abzusehen. Um Gesicht zu wahren, wurden Zahlungsfristen in Aussicht gestellt. Das Ganze ist eine Farce, was da passiert ist. Wir können aktuell nichts weiter machen, als die Vorschläge abzuwarten“, erklärt Oliver Loges, Geschäftsführer des Schlachthofs Holzminden, nach dem Runden Tisch gegenüber dem Landvolk-Pressedienst.
Um über die Problematik der exorbitant gestiegenen Entsorgungskosten zu sprechen, hatte auf Betreiben der Schlachthofbetreiber, des Fleischerverbandes Niedersachsen/Bremen und des Landvolks Weserbergland hierzu Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Miriam Staudte unter anderem Vertreter des Entsorgungsbetriebs, des Niedersächsischen Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (LAVES), der Tierseuchenkasse, des Landkreises Holzminden und des Landkreis- und Städtetages eingeladen.
Bauer Oliver Loges, der innerhalb der Familie mit einem Partner Schweinehaltungund Ackerbau betreibt, bewirtschaftet im südniedersächsischen Holzminden den fast seit 100 Jahren bestehenden Schlachthof. Vor neun Jahren übernahm er, um seine Philosophie „Wissen, woher das Fleisch kommt“ zu leben, eine Fleischerei, in der Wurstspezialitäten hergestellt werden, und vor sieben Jahren den Schlachthof Holzminden, um langfristig die Schlachtung der eigenen Schweine sicherzustellen. Nun besitzt er vier Hofläden in der Region Holzminden-Höxter und ist Arbeitgeber für gut 60 Mitarbeiter.
Schlachthöfe sind verpflichtet, ihre Schlachtnebenprodukte ordnungsgemäß zu entsorgen. Für diese Produkte, aus denen z.B. Öle, Felle oder Tiermehl hergestellt werden, geben die Entsorgungsfirmen ein Angebot bei den entsorgungspflichtigen Kommunen ab. Die von den Kommunen beauftragte Firma, an die der Schlachthof gebunden ist, hat laut Loges in den vergangenen zwei Jahren die Preise erst verdoppelt und dann noch mal verdreifacht. Statt zuvor rund 500 Euro monatlich belaufen sich die Entsorgungskosten inzwischen auf 5.000 Euro im Monat. Lange Prüfungs- und Genehmigungszeiten seitens des LAVES waren die Ursache, weshalb aufgrund neuer Tarife die Entsorgungsfirma keine Rechnungen für die Schlachtabfall-Entsorgung stellen konnte. Anfang 2024 kam dann die große Rechnung: 47.000 Euro soll Loges nachzahlen, das ist die Summe von April 2023 bis Dezember 2023. „Auch andere Schlachtbetriebe sind mit ähnlichen Summen betroffen“, führt Loges aus. Insgesamt gibt es noch sieben größere Rinderschlachtbetriebe in Niedersachsen.
„Hier ist ein großer Fehler im System. Die Ausschreibung müsste eigentlich fertig sein, wenn der Vertrag ausläuft“, zeigt Loges auf. Unsere Auftragsbücher sind voll. „Wir arbeiten nach wie vor am Limit. Auch die hohe Summe ist zu schaffen, wir kriegen das hin. Man hätte es heilen können, wenn man eher informiert worden wäre. Das Geld für die kalkulierten Beträge ist schließlich vorhanden. Aber wenn Gebühren sich verzehnfachen, ist das für jede Firma ein herber Schlag, den es erst einmal zu verdauen gilt“, sieht Loges die Ursache in der mangelnden Kommunikation zwischen der Entsorgungsfirma, dem LAVES und ihm als Betroffenen. Der Betrag ist rechtens, er wird ihn nun über Stundung oder weitere Zahlungsaufschübe zahlen müssen.
„Der Schlachthof Holzminden ist der einzig verbliebene, regionale Schlachthof, der für die Metzger und Fleischer im Weserbergland Schweine, Rinder, Schafe und Ziegen schlachtet. Als Landvolk-Kreisverband haben wir aktiv geholfen, diesen Runden Tisch bei der Landwirtschaftsministerin anzuschieben, damit unsere landwirtschaftlichen Betriebe weiterhin die Möglichkeit haben, ihre Nutztiere -insbesondere Einzeltiere- ortsnah schlachten zu lassen. Für eine nachhaltige, regional aufgestellte Landwirtschaft ist der Schlachthof von entscheidender Bedeutung“, erklärt dazu der Vorsitzende des Landvolks Weserbergland sowie Landvolk Niedersachsen-Vizepräsident, Frank Kohlenberg.
Kohlenberg führt aus, dass regionale Akteure der Ökomodellregion Holzminden, darunter auch der Schlachthof Holzminden, Landwirte und Metzger in Zusammenarbeit mit dem Kreis-Veterinäramt seit Monaten die Umsetzung einer teilmobilen Schlachtung für mehr Tierwohl planen. „Dies erfordert aber die Erreichbarkeit einer Schlachtstätte in der Region, um den lebensmittelhygienischen Anforderungen und dem Tierwohl gerecht werden zu können“, erklärt Kohlenberg den Einsatz des Landvolks für den Traditionsschlachthof.
„Auch das LAVES meint, dass unser Schlachtbetrieb top aufgestellt ist – vor allem, was die Tierwohlvorgaben betrifft. Wir liefern saubere Arbeit und Qualität“, beschreibt Loges den Ruf seines Schlachthofes in der Branche. Er ist zuversichtlich und setzt auf Staudtes Aussage, dass so etwas zukünftig nicht mehr passieren dürfe. „Das Erfreuliche an der Geschichte ist, dass wir jetzt einen noch besseren Draht zu unserem zuständigen Veterinäramt haben, das auch bei diesem Gespräch dabei war. Zudem konnte am Dienstag in einem persönlichen Gespräch mit der Firma ein Zahlungsziel vereinbart werden, sodass die Belastung des Betriebs auf ein erträgliches Maß gesunken ist“, kann Geschäftsführer und Bauer Loges dem ganzen Schlamassel auch etwas Positives abgewinnen. Und weil ihm Regionalität, Tierschutz, kurze Transportwege und Transparenz wichtig sind, lädt er als einer der wenigen Schlachthöfe gerne Besucherinnen und Besucher ein, damit sie sich ein Bild vom Schlachtprozess machen können. (LPD 28/2024)
Silke Breustedt-Muschalla
Redakteurin
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